(Deutsch) Methodenvergleich und Zustandsaufnahme der Kleinmustelidenfauna im Gebiet Wauwilermoos LU

Désolé, cet article est seulement disponible en Allemand. Pour le confort de l’utilisateur, le contenu est affiché ci-dessous dans une autre langue. Vous pouvez cliquer le lien pour changer de langue active.

Heidi Vogler, Andrin C. Dürst

Über das Vorkommen und die Verbreitung der Kleinmusteliden Mauswiesel (Mustela ni-valis) und Hermelin (Mustela erminea) im Wasser- und Zugvogelreservat Wauwilermoos im Luzerner Mittelland war bisher kaum etwas bekannt. Die Dienststelle Landwirtschaft und Wald (lawa) des Kantons Luzern hat im Rahmen eines Praktikums die Kleinmusteliden in diesem Gebiet systematisch erhoben. Die gängige Nachweismethode für Kleinmusteliden sind Spurentunnel aus Holz mit integriertem Stempelkissen. Die Tinte basiert auf Wasser. In Neuseeland werden Tunnel aus Kunststoff und eine auf Öl basierte Tinte verwendet. Ein Vergleich der beiden Methoden stand bisher noch aus. Er wurde erstmals in der vorliegenden Studie durchgeführt. An jedem Untersuchungsstandort wurden beide Tunnelsysteme platziert. Bei beiden Systemen haben sich Vorteile herausgestellt. Diese kombiniert, haben am Schluss das Luzerner Modell ergeben: Einerseits scheint der Holztunnel für Kleinmusteliden attraktiver zu sein. Andererseits ist die Beschaffenheit der auf Öl basierten Tinte der Kunststofftunnel  vorteilhaft beim Handling und für die Qualität der Spurennachweise. Das Luzerner Modell wird für zukünftige Erhebungen empfohlen.

Hermelin nach dem Durchlaufen eines Holzspurentunnels. (Quelle: lawa)

Ausgangslage
Über das Vorkommen und die Verbreitung der Kleinmusteliden Mauswiesel und Hermelin in der Schweiz ist wenig bekannt (Marchesi, Mermod & Salzmann 2010). Im Wasser- und Zugvogelreservat Wauwilermoos von nationaler Bedeutung besteht ein reges Interesse, den Wildartenbestand zu kennen. Der Fokus lag auf diesen beiden Arten, da sie potentielle Prädatoren der bodenbrütenden Kiebitze sind. Der Kiebitz ist eine prioritäre Zielart dieses Schutzgebietes.

Die gängigen Nachweismethoden für Kleinmusteliden sind indirekt, zum Beispiel über Spuren oder mittels Fotofallen. Als Falle werden üblicherweise Spurentunnel aus Holz (Abb. 1) verwendet. Darin integriert ist ein Stempelkissen mit einer Tinte auf Wasserbasis. In Neuseeland kommt ein anderes Bauprinzip zum Einsatz: Faltbare Kunststofftunnel und eine auf Öl basierte Tinte. Ein Vergleich der beiden Tunnelsysteme in derselben Versuchsanordnung stand bisher noch aus.

Zielsetzungen
Neben den Verbreitungsnachweisen soll dieses Projekt auch einen vertieften Methodenvergleich zwischen den verschiedenen Spurentunnelsystemen liefern. Konkret ermittelte Vorteile und Nachteile der zwei Systeme soll die Fallenoptimierung für zukünftige Untersuchungen ermöglichen.

Für die Erhebung der Kleinmusteliden wurden Holztunnel (a) mit Spurenbrettchen (b) und Kunststofftunnel (c) mit Spurenkarten (d) verwendet. (Quelle: lawa)

Projektbeschrieb
Material und Methoden
Beprobt wurden 32 gleichmässig im Untersuchungsperimeter (514 ha) verteilte Untersuchungsstandorte. An jedem Standort wurden beide Tunnelsysteme parallel oder in Serie platziert. Einerseits wurde ein Holztunnel mit einschiebbarem Laufbrettchen installiert. Ausgestattet war dieser mit einem Tintenkissen mit einer Zweikomponenten-Eisentinte auf Wasserbasis. Andererseits wurde an jedem Standort ein neuseeländischer Kunststofftunnel aufgestellt (Black Trakka Tracking Tunnel von Gotcha Traps Ltd, Auckland, NZ). Ausgestattet war dieser mit einer faltbaren Spurenkarte aus Karton mit aufgetragener Tinte auf Öl Basis (Abb. 2). Diese Spurenkarten können mit bereits aufgetragener Tinte erworben werden.

Die Feldaufnahmen dauerten vom 8. August bis am 18. September 2018. Sie wurden in einem Abstand von vier bis sieben Tagen kontrolliert. Die Spuren (Abb. 3) wurden zuerst intern (Andrin Dürst und Heidi Vogler, lawa) bestimmt. Verifiziert hat sie ein externer Spezialist (Simon Capt, CSCF).

 

 

Ergebnisse
Während der Untersuchungsperiode wurden in den 32 Holztunnel insgesamt 11 Hermelinnachweise (7 Standorte) und 5 Mauswieselnachweise (3 Standorte) erbracht. In den Kunststofftunneln waren es lediglich 4 Hermelinnachweise (3 Standorte). Mit beiden Systemen wurden jeweils 1088 Tunnelnächte erhoben. Die Anzahl der erhobenen Nachweise ist von der Attraktivität der Spurentunnel abhängig. Die beiden Tunnelsysteme sind unterschiedlich attraktiv für Kleinmusteliden (Abb. 4). Es wurden signifikant mehr Abdrücke der Zielarten in den Holztunneln als in den Kunststofftunneln nachgewiesen (Wilcoxon Vorzeichen Rang Test: V = 135, p = 0.0016, Effektstärke r = -0.54).

Hermelinspuren auf Spurenpapier aus dem Holzspurentunnel (links) und auf einer neuseeländischen Spurenkarte (rechts). (Quelle: lawa)

Bei genauer Betrachtung unterscheiden sich die beiden Spurentunnelsysteme grundlegend (Tabelle 1, Abb. 2). Die auffälligsten Unterschiede sind die Grösse (Innenmasse Holztunnel 11.4 x 15 x 100 cm, Kunststofftunnel 10 x 10 x 50 cm) und das Material. Grösse und Material bestimmen auch das Gewicht. Aufgrund seines Eigengewichtes ist es einfacher, den Holztunnel stabil im Gelände zu platzieren.

Ein weiterer Unterschied ist die Zusammensetzung der Tinte. Im Holztunnel wird eine auf Wasser basierte Tinte verwendet, im Kunststofftunnel eine auf Öl basierte. Die Tinte der neuseeländischen Spurenkarten trocknet weniger schnell aus. Zudem bleibt sie bei Regen und Spritzwasser länger funktionsfähig. Die Abdrücke auf den neuseeländischen Spurenkarten sind detailreicher (Abb. 3). Die Spurenkarten vergilben nicht und sind weniger anfällig auf Schnecken- und Mäusefrass. Insgesamt ist die Betreuung des neuseeländischen Systems weniger aufwändig.

Diskussion
Die Wahl der Erhebungsmethode hat eindeutig eine Auswirkung auf die Anzahl Nachweise. Die Erhebung mit den neuseeländischen Tunnels unterschätzte die Häufigkeit der Hermelinnachweise und wies zudem keine Mauswieselspuren nach. Dies deutet auf Unterschiede in der Attraktivität der zwei Tunnelsysteme hin. Welche Eigenschaften haben einen Einfluss auf deren Attraktivität für Kleinmusteliden?

Die Anzahl Nachweise von Hermelin und Mauswiesel pro Standort unterscheiden sich bei den beiden Tunnelsystemen signifikant. Es wurden deutlich mehr Nachweise in den Holztunneln erbracht als in den Kunststofftunneln (NZ). (Quelle: lawa)

Eigenschaften der Tunnel
Die Tunnelgrösse ist eine Eigenschaft, die einen Einfluss auf die Attraktivität für Kleinmusteliden haben kann. Ist der Tunnel zu hoch oder zu kurz, wird er vermutlich nicht mehr als Tunnel angesehen. Dementsprechend ist er weniger interessant für die potentielle Mäusejagd. Bei kleinem Tunneldurchmesser werden grössere Tiere (z.B. Marder und Iltis) ausgeschlossen. Auch das Gewicht der Tunnel kann einen Einfluss haben. Die leichten Kunststofftunnel liegen weniger stabil im Gelände. Vermutlich meiden die Zielarten wackelnde Tunnels. Die kurzen Kunststofftunnel weisen zudem eine kleinere Tintenfläche auf. Dies ermöglicht ein Überspringen der Tinte. Ein hoher Tunnel wiederum begünstigt die Möglichkeit, den Mardersprung auszuführen, was zum Überspringen der Tinte führen kann.

Beschaffenheit der Tinte
Die auf Öl basierte Tinte zeigt Vorteile in der Handhabung, Langlebigkeit (Austrocknung) und Detailliertheit der Abdrücke. Mit dieser Tinte konnten auch Nichtsäuger wie Reptilien oder Amphibien nachgewiesen werden. Ob die Farbe oder der Geruch der auf Öl basierten Tinte einen Einfluss auf das Verhalten der Zielarten hat ist nicht bekannt. Diese Faktoren könnten ebenfalls einen Einfluss auf die Attraktivität der Tunnel haben.

Kombination der Tunnelsysteme
Die Beschaffenheit der Tinte der neuseeländischen Tunnels zeigt klare Vorteile. Nur wurden in den Holztunneln signifikant mehr Spuren erfasst. Somit könnte die Kombination der beiden Tunnelsysteme alle Vorteile nutzen. Als Pilotversuch wurden die Holztunnel eine Woche lang mit Spurenkarten aus den Kunststofftunnel bestückt. In dieser Woche wurden in den Holztunnel mit neuseeländischen Spurenkarten vier Nachweise (Hermelin, Mauswiesel, Westigel und Steinmarder) erbracht. Während in den Kunststofftunneln parallel dazu keine Nachweise erfolgten. Vermutlich hat die Beschaffenheit der Tinte weniger Einfluss auf die Attraktivität des Tunnels als die Tunneleigenschaften (Dimension, Stabilität). Die Kombination aus Holztunnel und neuseeländischen Spurenkarten nutzt die Vorteile beider Systeme. Sie bildet die optimale Methode für zukünftige Erhebungen. Es ist davon auszugehen, dass dieses kombinierte System, das «Luzerner Modell», attraktiver ist, als die beiden Einzelnen. Das vorgeschlagene «Luzerner Modell» bringt auch den Vorteil, dass die Handhabung erleichtert und die Kontrolle weniger zeitintensiv ist. Weitere Untersuchungen der einzelnen Tunneleigenschaften (Stabilität, Dimension, etc.) könnten detailliertere Aufschlüsse über die Attraktivität der Tunnels bringen.

 

Tabelle 1: Vor- und Nachteile der beiden verwendeten Spurentunnelsysteme. Das Luzerner Modell stellt eine Kombination der beiden Spurentunnelsysteme dar und nutzt deren jeweilige Vorteile. (Quelle: lawa)

Fazit
Der Methodenvergleich von Holztunnel und Kunststofftunnel zeigt deutliche quantitative, wie auch qualitative Unterschiede der erhobenen Daten. Die Anzahl der Nachweise in den Holztunneln ist signifikant höher, während die Qualität der Spuren aus den Kunststofftunneln besser ist. Die Kombination von Holztunnel und neuseeländischer Spurenkarte, das Luzerner Modell, vereint die Vorteile der beiden Methoden und wird für zukünftige Erhebungen vorgeschlagen.

 

Projektverantwortung, Kontakt
Kanton Luzern, Dienststelle Landwirtschaft und Wald (lawa)
Abteilung Natur, Jagd und Fischerei

Heidi Vogler
Centralstrasse 33
6210 Sursee
Tel. 041 349 74 63
heidi.vogler@lu.ch

Andrin C. Dürst
Sonnenbergstrasse 74
8610 Uster
andrin.d@bluewin.ch


Weiterführende Literatur
Dienststelle Landwirtschaft und Wald (lawa), Kanton Luzern (2019). Zustandsaufnahme der Kleinmustelidenfauna im Gebiet Wauwilermoos. Erhebung 2018 und Methodenvergleich.
https://lawa.lu.ch/-/media/LAWA/Dokumente/njf/jagd/wildhut/BE_Kleinmusteliden.pdf

Marchesi, P., Mermod, C., & Salzmann, H. C. (2010). Marder, Iltis, Nerz und Wiesel: Kleine Tiere, grosse Jäger. Bern: Haupt.

Informationen zum neuseeländischen Tunnelsystem & Bestellung Spurenkarten:
http://gotchatraps.co.nz/