30 Jahre Hochmoor-Renaturierung im Hagenmoos

SIMONE FREI, ROLF HOLDEREGGER, ARIEL BERGAMINI

30 Jahre Monitoring zeigen, dass die Renaturierung des Hochmoors Hagenmoos im Kanton Zürich insgesamt ­erfolgreich ist. Die Licht- und Feuchteverhältnisse haben sich verbessert und vielerorts haben sich grosse Torfmoosdecken gebildet. Die Renaturierungsziele sind aber noch nicht erreicht.

Hochmoore sind saure, nährstoffarme und ständig vernässte Ökosysteme. ­Aufgrund ihrer Standortbedingungen beherbergen Hochmoore viele Lebensraumspezialisten und sind daher für die Biodiversität von grosser Bedeutung. Die Fläche der Schweizer Flach- und Hochmoore ist seit 1850 um rund 90 % zurück gegangen (Stuber & Bürgi 2018). Seit der Rothenthurm-Initiative 1987 konnte der Flächenrückgang grösstenteils gestoppt werden. Im Langzeitprojekt «Wirkungskontrolle Biotopschutz Schweiz» zeigten Bergamini et al. (2019) jedoch, dass die Schweizer Hochmoore in den letzten Jahrzehnten nährstoffreicher, trockener und schattiger geworden sind. Viele Hochmoore weisen noch immer intakte Drainagen auf. Um diesen negativen Entwicklungen entgegenzuwirken sind Renaturierungsmassnahmen erforderlich. Der Erfolg von solchen Massnahmen ist jedoch nicht garantiert und die langfristige Entwicklung von renaturierten Hochmooren wurde bisher kaum untersucht.

Monitoring im Hagenmoos
Im Hagenmoos, einem Hochmoor von nationaler Bedeutung im Kanton Zürich, wurde im 18. Jahrhundert damit begonnen manuell Torf abzubauen, wodurch zwei grosse Torfstiche entstanden (Grösse ca. 70 x 100 m und 100 x 200 m; Abb.  1). Das Wasser des kleineren Torfstichs wurde für den Antrieb der nahen Klostermühle aus dem Moor abgeleitet. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurde der Torfabbau aufgegeben. Die Gräben, die das Wasser aus dem Hagenmoos ableiteten, blieben aber bestehen, wodurch das Moor weiter austrocknete und verbuschte. Im Rahmen eines Renaturierungsprojekts wurde der grössere der beiden Torfstiche 1987/88 entbuscht und 1991 die Gräben blockiert (Geissbühler 2000; Lüönd & Göttlich 1982). Die Vegetation im Hagenmoos wurde von 1989 bis 1999 auf über 100 Flächen beobachtet. Im Rahmen der hier vorgestellten Arbeit (Frei 2020) wurden 72 dieser Flächen 2020 wiederholt beobachtet und mit den Erhebungen vor (1989) und zehn Jahre nach der Renaturierung (1999) verglichen. In jeder Aufnahmefläche wurde die gesamte Vegetation – Gefässpflanzen und Moose – erhoben. Beruhend auf diesen Daten wurde die Artenvielfalt, der Anteil an Hochmoorspezialisten und die mittleren Zeigerwerte berechnet und deren Veränderungen in den letzten 30 Jahren analysiert. Für die Zeigerwerte haben wir zudem Referenzwerte bestimmt anhand derer sich die Veränderungen besser einordnen lassen. Die Referenzwerte basieren auf 21 ausgewählten, typischen Vegetationsaufnahmen in Hochmooren, die im Rahmen der «Wirkungskontrolle Biotopschutz Schweiz» aufgenommen wurden (Bergamini et al. 2019).

Abb. 1 links: Grosser Torfstich mit Schilf und hoher Deckung verschiedener Torfmoose im Jahr 2020. Aufgrund des hohen Wasserspiegels kommen innerhalb des Torfstichs kaum Gebüsche und Bäume auf. Rechts: Höher gelegenes, nicht abgetorftes Gebiet ausserhalb der Torfstiche mit Föhren, Birken und Pfeifengras (Fotos: Simone Frei).

Hochmoor wurde lichtreicher und feuchter
Sowohl innerhalb als auch ausserhalb der beiden Torfstiche haben wir eine Zunahme der mittleren Licht- und Feuchtezahl beobachtet (Abb. 2). Beide Zeigerwerte haben besonders in den ersten zehn Jahren nach der Renaturierung zugenommen und zeigten seit 1999 nur noch geringe Veränderungen. Die mittleren Licht- und Feuchtezahlen innerhalb der Torfstiche waren 2020 nahe an den Referenzwerten. Ausserhalb der Torfstiche waren die Werte jedoch signifikant tiefer, was trotz ihrer Zunahme auf zu schattige und trockene Bedingungen hinweist. Die beiden Torfstiche dürften eine austrocknende Wirkung auf die höher gelegenen, nicht abgetorften Bereiche ausüben. Um auch in den höher gelegenen Bereichen eine ausreichende Vernässung zu erzielen, sollte der Wasserspiegel noch weiter angehoben werden (auf ca. 40-50 cm unter Flur; Geissbühler 2000). Dies muss jedoch langsam erfolgen, damit die bestehende Vegetation innerhalb der Torfstiche nicht überschwemmt und zerstört wird. Es ist bei einer Erhöhung des Wasserspiegels auch auf den für den Kanton Zürich speziellen Bergföhrenbestand (Pinus mugo subsp. uncinata) zu achten, der ausserhalb des grossen Torfstichs nicht weit von der Torfstichkante entfernt wächst. Auch sollte ausserhalb der Torfstiche die Entwicklung der übrigen Gehölze weiterhin beobachtet und eine weitere Verbuschung oder Verwaldung verhindert werden.

Abb. 2: Veränderungen der mittleren Feuchtezahl, Lichtzahl und Humuszahl (berechnet aus der Vegetationszusammensetzung) im Hagenmoos in den Torfstichen (jeweils links; blaue Punkte) und ausserhalb (jeweils rechts; grüne Punkte). Schwarze Linien: Veränderungen der Zeigerwerte zusammen mit den 95 %-Vertrauensintervallen (graue Bereiche); rot gestrichelte Linien: Referenz die als Zielvorstellung dient zusammen mit deren Streuung (rote Bereiche, ± 1 SD).

Abnahme der Artenvielfalt
Seit der Renaturierung hat die Gesamtartenzahl im Hagenmoos abgenommen (1989: 126 Arten; 1999: 121 Arten; 2020: 101 Arten). Die Abnahme der Gesamtartenzahl ist durch eine Abnahme an Arten, die nicht typisch für Hochmoore sind, zu erklären. Der Anteil der Hochmoorspezialisten an der Gesamtartenzahl hat deshalb insgesamt leicht zugenommen. Die durchschnittliche Anzahl der Gefässpflanzen und Moose pro Aufnahmefläche hat sich ebenfalls verändert. Innerhalb der Torfstiche hat die Anzahl an ­Gefässpflanzen und Moosen signifikant abgenommen. Ausserhalb der Torfstiche hat die Anzahl der Moose bis 1999 zugenommen, nahm danach aber wieder ab. Die Anzahl Gefässpflanzen hat sich ausserhalb der Torfstiche nicht verändert.

Es gibt auch negative Entwicklungen
Auffällig ist, dass 2020 innerhalb der Torfstiche eine hohe Deckung von Schilf (Phragmites australis) beobachtet wurde (10.6 % mittlere Deckung). In vielen Aufnahmeflächen war das Schilf einige Meter hoch und sehr dicht. In anderen Flächen wiederum haben wir eine dichte Torfmoos-Decke mit vereinzelten Schilfhalmen beobachtet (Abb. 3). Das Vorkommen von Schilf deutet auf nährstoffreiche und leicht basische bis leicht saure Bedingungen hin. Tatsächlich nahm die mittlere Nährstoffzahl innerhalb der Torfstiche während der letzten 30 Jahre zu, während ausserhalb der Torfstiche keine Veränderung beobachtet wurde. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass durch die Wiedervernässung der obersten, leicht zersetzten Torfschicht Nährstoffe mobilisiert und dadurch pflanzenverfügbar wurden. Dieser Effekt sollte allerdings nach einiger Zeit wieder abklingen, was im Hagenmoos bis anhin nicht beobachtet wurde. Die Reaktionszahl zeigte eine Zunahme ausserhalb der Torfstiche. Die Humuszahl nahm innerhalb der Torfstiche ab (Abb. 2). All diese Entwicklungen widersprechen den Renaturierungszielen und sind negativ zu werten, da Hauptziele von Hochmoor-Renaturierungen die Aktivierung der Torfbildungsprozesse und eine Förderung von sauren, nährstoffarmen Verhältnissen sind.

Abb. 3: Links: Dichter Bestand aus Schilf im Jahr 2020. Rechts: Aufnahmefläche mit einer dichten Torfmoos-Decke und wenigen Schilfhalmen (Fotos: Simone Frei).

Schlussfolgerungen
Insgesamt können die Renaturierungsmassnahmen im Hagenmoos als erfolgreich beurteilt werden. In den beiden Torfstichen bedecken Torfmoose grosse Flächen, was auf eine erfolgreiche Vernässung hinweist. Dennoch sind auch 30 Jahre nach der Renaturierung noch nicht alle Ziele erreicht. Die meisten Entwicklungen waren in den ersten zehn Jahren nach der Renaturierung am stärksten und schwächten sich danach ab. 2020 erreichten die Licht- und Feuchteverhältnisse innerhalb der Torfstiche die angestrebten Referenzwerte. Es gab aber auch negative Trends, wie beispielsweise bei den Nährstoff- und Humusverhältnissen innerhalb der Torfstiche. Nach den Renaturierungsmassnahmen zeigten die Gebiete inner- und ausserhalb der Torfstiche unterschiedliche Entwicklungen. So waren 2020 die Licht- und Feuchteverhältnisse tiefer ausserhalb als innerhalb der Torfstiche. Um ausserhalb der Torfstiche den Hochmoorcharakter zu erhalten, empfehlen wir den Wasserspiegel innerhalb der Torfstiche langsam weiter anzuheben, ohne dabei die Torfmoosschicht zu überfluten und ohne den kleinen, aber wertvollen Bergföhrenbestand ausserhalb des grossen Torfstichs zu schädigen. Um ein detailliertes Konzept für zukünftige Renaturierungsmassnahmen zu entwickeln, wäre ein langfristiges hydrologisches Monitoring hilfreich. Darüber hinaus sollten auch andere Taxa, die ebenfalls im Fokus des Naturschutzes stehen, in das Monitoring integriert werden (z.B. Libellen, Amphibien, Reptilien).

Kontakt
Simone Frei
WSL Eidgenössische Forschungsanstalt
Zürcherstrasse 111, 8903 Birmensdorf
E-Mail: simone.frei26@gmail.com

Ariel Bergamini
WSL Eidgenössische Forschungsanstalt
Zürcherstrasse 111, 8903 Birmensdorf
E-Mail: ariel.bergamini@wsl.ch

Rolf Holderegger
WSL Eidgenössische Forschungsanstalt
Zürcherstrasse 111, 8903 Birmensdorf
E-Mail: rolf.holderegger@wsl.ch

Literatur

  • Bergamini, A., Ginzler, C., Schmidt, B. R., Bedolla, A., Boch, S., Ecker, K., Graf, U., H., K., Küchler, M., Dosch, O., Holderegger, R. (2019). Zustand und Entwicklung der Biotope von nationaler Bedeutung: Resultate 2011–2017 der Wirkungskontrolle Biotopschutz Schweiz. WSL Berichte, 85, 1–104.
  • Geissbühler, S. (2000). Wiedervernässung und Entbuschung als Massnahmen zur Regeneration eines abgetorften Hochmoors im Schweizer Mittelland. Vierteljahresschrift Naturforschende Gesellschaft Zürich, 145, 87–109.
  • Frei, S. (2020). 30 years after: How successful was the restoration of a raised bog in the Swiss Plateau? Masterarbeit D-USYS ETH, Zürich.
  • Lüönd, A., Göttlich, K. (1982). Schutzgebietskonzept Hagenholz. WSL, Birmensdorf.
  • Stuber, M., Bürgi, M. (2018). Vom “eroberten Land” zum Renaturierungsprojekt. Geschichte der Feuchtgebiete in der Schweiz seit 1700. Haupt, Bern.